Warum inhalieren Menschen?

 

Warum tut das Inhalieren dem Körper gut? Wie hilft die Inhalation speziell Sportlern und Menschen, die oft ihre Stimme benötigen? Ist die Inhalationstherapie für Jeden geeignet? Kann ich als Allergiker inhalieren?

 

Diese Fragen beantwortet Dr. Dorian Bevec:

 

Die Lunge ist ein außergewöhnlich leistungsfähiges Organ. Im Laufe eines Tages atmet ein normaler Mensch etwa 8000 Liter Luft. Nach dem Einatmen passiert die Luft die oberen Atemwege, verzweigt sich etwa 17 Mal durch das Netzwerk der kleinen Bronchien, bis sie am Ende die kleinen Luftsäckchen, die Alveolen, erreicht. Jeder Atemzug wird demnach in das tiefe Lungengewebe, das Alveolarepithel verteilt, dessen Oberfläche bei Erwachsenen etwa 150 mausmacht (verglichen mit der Hautoberfläche, die ~2 m2 ausmacht). Diese große Oberfläche besteht aus etwa 500 Millionen Alveolen, wodurch sich der Sauerstoff über ein weitverbreitetes Gefäßnetzwerk in den Blutstrom verteilt.

 

Was die medizinische Inhalation betrifft, so weiß man sowohl aus der Geschichte der vergangenen Zivilisationen, als auch von gegenwärtigen Tabakrauchern, dass inhalierte Wirkstoffe schnell wirken und nicht invasiv sind. Später haben Wissenschaftler und Ärzte herausgefunden, dass inhalierte Wirkstoffe direkt in den Lungen wirken, wesentlich weniger unerwünschte Nebeneffekte aufweisen, als wenn sie systemisch verabreicht werden und sie weniger über die Leber metabolisiert (inaktiviert) werden, als wenn sie zum Beispiel oral verabreicht werden. Die Lungen als Organe variieren weniger in ihrer Größe unter den Erwachsenen als die Körpergrößen von Erwachsenen, so dass die Wirkstoffdosierung über eine Lungeninhalation zuverlässiger erfolgt. Damit sich jedoch die Inhalationstherapie erfolgreich gestaltet, bedarf es einer sehr präzisen, konsistenten Wirkstoffverabreichung bei jedem Atemzug, als auch einer sehr gleichmäßigen Gewebsverteilung. Die therapeutische Sicherheit und Effektivität durch Inhalation ist aufgrund verschiedener auf diese Art verabreichter Medikamente gewährleistet, welche von anerkannten regulatorischen Behörden zugelassen sind. Medikamenteninhalation zur Bekämpfung akuter und chronischer Lungenerkrankungen führt zur selektiven und bevorzugten Verteilung des Wirkstoffes in gut belüftetem Lungengewebe, so dass dort ein verbesserter Gasaustausch erfolgen kann. Naturgemäß können mit Inhalationen Erkrankungen am besten behandelt werden, die im Zusammenhang mit den Atemwegen stehen. Beispiele hierfür sind Asthma, Bronchitis und Lungenhochdruck. Darüberhinaus können Sekrete durch Inhalationen gelockert und später abgehustet werden. Denkbar sind auch entkrampfende und entzündungshemmende Wirkungen, wenn entsprechende Wirkstoffe inhaliert werden.

 

Besonders sinnvoll ist die Inhalation mit z. B. isotonen salinischen Lösungen bei Sportlern, speziell in Ausdauersportarten wie Schwimmen, Langlaufen, Eisschnelllaufen, Skilanglaufen, Radfahren und Rudern. Die inhalative Anwendung ist sowohl in der Prophylaxe oder bei der Infektionsbehandlung empfehlenswert, ebenso wie bei einer Reizung der Atemwege. Durch große Atemvolumina bei starken Anstrengungen, speziell bei sehr kalter Luft oder durch hohen Ozongehalt im Sommer, werden die Atemorgane maximal gereizt. Dabei spielt die Austrocknung der Atemwege eine entscheidende Rolle für die Infektions- und Entzündungsanfälligkeit. Tägliche Inhalationen mit 0,9% NaCl-Lösungen sind ausgezeichnet dazu geeignet, diesen Problemen vorzubeugen.

 

Schauspieler, Sänger und Profisprecher nutzen natürlich ihre Stimme sehr viel. Speziell im Winter und bei hoher Stimmbelastung sollte auch dieser Berufsstand zu Inhalationen greifen: ebenfalls mit isotonen salinischen Lösungen, oder mit Lösungen, die ätherische Öle beinhalten.

 

Für den geneigten Normalverbraucher ist das tägliche Inhalieren von salinischen Lösungen ebenso wichtig wie die normale Körperpflege. Besonders im Winter steigt die Entzündungs- und Infektionsanfälligkeit aufgrund viel zu trockener Luft in Innenräumen stark an. Durch Inhalationen werden in den Schleimhäuten der Atemwege die dort sitzenden, kleinen Flimmerhärchen angefeuchtet und so am Verkleben gehindert. Deren Funktion besteht darin, eingeatmete Fremdstoffe aus den Atemwegen zu eliminieren. Bestimmte Salzkonzentration in Lösungen erschweren das Anhaften von Mikroben aller Art in den Atemwegen, was die Anzahl der Infekte reduziert. Solche Effekte erzielte man früher durch wohltuende Inhalationen der mit Sole angereicherten Luft in Salinen, auch Gradierwerke genannt (z.B. im hessischen Bad Sooden-Allendorf ist eines der letzten Bauwerke dieser Art in Deutschland). Einst über Stroh, heute über Schwarzdorn, rieselt die Sole hinab, damit sie beim Heruntertropfen durch Verdunstung von Wasser bis auf 25% "gradiert" (konzentriert) wird. Ein solches Freiluftinhalatorium kann man sich durch den M-neb Inhalator direkt ins Haus holen.

 

Auch bei Pollenallergikern können Inhalationen mit isotonen salinischen Lösungen zu einer deutlich verminderten Anhaftung von Pollen an die Atemwegsschleimhäute führen, so dass allergische Atemwegsreaktionen deutlich weniger ausgeprägt sein können.

 


 

Dorian BevecDr. Dorian Bevec, PhD

Studierte Biologie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen und ist PhD der Molekularbiologie. Heute ist er Forschungsleiter bei der THERAMetrics Holding AG in der Schweiz und wissenschaftlicher Berater für den Sonderforschungsbereich -TR84- „Innate Immunity of the Lung: Mechanisms of Pathogen Attack and Host Defence in Pneumonia“.